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„Überleben im Alltag: Wenn der Postmann zweimal klingelt...“


Ein "Klassiker" im Service-Angebot des Studentenwerks ist die Rechtsberatung. Für die Mehrzahl der Studenten bedeutet das Studium erstmals weitgehende Eigenverantwortung und zumeist als angenehm empfundene Selbständigkeit und Freiheit. Dass diese Möglichkeiten auch mit rechtlichen Probleme einhergehen können - wenn auch nicht müssen -, wird vielen oftmals zu spät klar. Vermieter, der Ablauf des Studium, Prüfungen, Nebenjobs, Unterhalt, all dies sind mögliche Fallstricke, die das süße Studentendasein behindern können. Die Erfahrung zeigt, dass Studenten in solchen Situationen oft überfordert sind, weil sie in Unkenntnis der Rechtslage handeln und viel zu wenig über ihre Rechte wissen.

Thema der in loser Abfolge erscheinenden Reihe „Überleben im Alltag“ sollen in dieser Ausgabe die Probleme oftmals übereilter oder unachtsamer Verträge sein, die nach unserer Erfahrung regelmäßig – oftmals wider einem gefühlten „das-kann-eigentlich-nur-schief-gehen“ – von Studenten jeder Altersklassen und Studienrichtungen abgeschlossen werden. Dabei reitet so manchen studentischen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr oftmals der pure Geiz, der ja heutzutage salonfähig geworden ist. Typisch für diese Art von Vertragsschlüssen ist in vielen Fällen der ungewöhnliche Ort des Vertragsschlusses – und sei es an bzw. vor der eigenen Haustür. Leider ist es eben oft nicht nur der Postmann, der hier klingelt...

Vorab: Niemand hat in der schönen, bunten Warenwelt, in der wir leben, etwas zu verschenken! Vermeintliche Schnäppchen entpuppen sich fast immer als mit mittleren bis übergroßen Pferdefüßen versehen. Typische Fälle sind Gewinnspiele, insbesondere der Gewinn von Reisegutscheinen o.ä. . In vielfältigen Formen wird versucht, Ihnen persönliche Daten und – für vermeintlich vollkommen harmlose, z.B. „statistische“ Zwecke – sogar Ihre Unterschrift zu entlocken. Dabei kann es sich um tw. ganz billige Taschenspielertricks mit Durchschlagpapier handeln – auf dem Doppel haben Sie dann einen Vertag unterschrieben über Gegenstände, die sie nicht brauchen, die überteuert sind oder die Sie nie zu Gesicht bekommen werden. Was Sie in jedem Fall zu Gesicht bekommen werden, sind Zahlungsaufforderungen, Mahnungen, Inkassobüro-Schreiben bis hin zu Mahnbescheiden! Deshalb unser Rat: Unterschreiben Sie nie im Rahmen irgendwelcher Werbeaktionen, Haustürkontakte o.ä. . Geben Sie nie Ihre Bankverbindung Dritten bekannt, insbesondere nicht bei telefonischer Kontaktaufnahme. Kaufen Sie keine Waren, die wortwörtlich „vom Laster fallen“ und ohne Quittung nur gegen sofortige Barzahlung ermöglicht werden. Sollten Sie interessante Angebote bei solchen Gelegenheiten entdecken, lassen Sie sich Unterlagen geben, setzen sich in ein Cafe und überdenken Ihre Entscheidung in aller Ruhe.

Sollten Sie sich dennoch hinreißen lassen, haben Sie zwar rechtlich einige „Rettungsanker“ – doch Vorsicht: grundsätzlich steht Ihnen in allen Fällen sog. Verbraucherdarlehens-, Ratenlieferungs-, Haustür- und Fernabsatzverträge ein Widerrufsrecht zu. Dieses Widerrufsrecht können Sie innerhalb von zwei Wochen ausüben. Die Frist beginnt erst, wenn Ihnen in den Vertragsunterlagen eine Mitteilung über diese Widerrufsrecht gemacht worden ist (Alle ausgehändigten Unterlagen genau lesen!). Der schriftlich abzufassende Widerruf ist rechtzeitig erklärt, wenn Sie ihn innerhalb von zwei Wochen auf die Post gebracht haben – hier ist als dokumentierte Zustellungsform zumindest ein sog. „Einwurfeinschreiben“ (der Schalterbeamte weiß, was gemeint ist...) anzuraten. Eine Begründung für den Widerruf brauchen Sie nicht.

Aber Vorsicht: So gilt für die meisten dieser Verträge eine Kleinbetragsgrenze – diese liegt allerdings bei für den studentischen Haushalt beachtlichen 200 Euro ! Haben Sie also z.B. ein Zeitschriftenabo mit erstmaliger Kündigung nach einem Jahr zum monatlichen Preis von 12 Euro abgeschlossen, entfällt Ihre Widerrufsmöglichkeit. Über Sinn und Unsinn dieser Ausnahmeregelungen kann man rechtspolitisch streiten – rechtlich sind Sie an einen solchen Vertrag gebunden. Unsere Erfahrungen zeigen, dass zunehmend versucht wird, in diese Lücken des Verbraucherschutzes zu stoßen.

Deshalb nochmals unser Hinweis: Augen auf im Wirtschaftsverkehr! Alle hier angedeuteten Fälle entstammen i.Ü. aus der Beratungspraxis und sind keinesfalls aus didaktischen Gründen frei erfunden oder überzeichnet!

In Problemfällen kommen Sie lieber früher als später zur Rechtberatung. Berührungsängste braucht dabei niemand zu haben; die Rechtsberatung gestaltet sich in ihrem Ablauf äußerst ”studentisch”, eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich, es bestehen allenfalls gewisse Wartezeiten. Die Vertraulichkeit der Beratungsgespräche ist selbstverständlich, Mehrfachberatungen sind ebenfalls möglich. Allerdings beschränkt sich die Rechtsberatung zeitlich und örtlich: telefonische Beratung findet nicht statt, man ist an die Sprechstunden (montags und donnerstags von 13.00 – 14.30 Uhr) gebunden. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß aufgrund interner Zuständigkeiten keine Beratung in BaföG-Fragen erteilt wird; diesbzgl. sei auf das im Hause ansässige BaföG-Amt verwiesen.

 

(aus unserer Zeitung STUDENTENWERK, Ausgabe 6/2006)

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